Experten-Interviews

November 2025

Teambuilding, Teamentwicklung & New Leadership: «Ohne Humor geht gar nichts»

Wie entstehen starke Teams in einer Arbeitswelt im Wandel? Susanne Vogt, globale Leadership Development Expertin bei Emmi, Trainerin und Coach, erklärt im Titelinterview, was erfolgreiche Teamentwicklung heute wirklich braucht. Sie zeigt, warum einmalige «Teambuilding»-Events kaum Wirkung entfalten, welche Rolle psychologische Sicherheit für eine gesunde Teamkultur spielt — und weshalb gute Teamführung an die Regiearbeit in einem perfekt inszenierten Theaterstück erinnert.

Von: Dave Husi   Teilen  

Dave Husi

Dave Husi ist Chefredaktor von personalSCHWEIZ.
Zuvor hat er bei einem Medien-Startup Gründerluft geschnuppert und war bei einem Fachverlag im Medizinbereich journalistisch tätig.

Teambuilding, Teamentwicklung & New Leadership

Susanne Vogt, was macht für Sie ein gutes Team aus?
Zuerst einmal, wenn es mir mehr Freude bereitet, im Team zu arbeiten als alleine. Ein funktionierendes Team hat für mich ganz klare Bausteine: gegenseitiges Vertrauen, gemeinsame Ziele, klare Rollen und Verantwortlichkeiten, Verlässlichkeit und natürlich Humor. Ohne Humor geht gar nichts, weil er Nähe schafft und in angespannten Momenten den Druck rausnimmt. Aber das allein reicht natürlich nicht. Ein gesundes Team ist wie ein stabiles Fundament: Man weiss, worauf man steht, man kennt die Stärken und Herausforderungen der anderen und kann sich auf sie verlassen. Es gibt eine Kultur des Miteinanders, wo Absprachen eingehalten werden, wo man sich gegenseitig unterstützt und wo man genau deshalb produktiv ist.

Entstehen Teams von selbst, oder braucht es Arbeit und Pflege? 
Von selbst entsteht höchstens eine Ansammlung von Menschen, die zufällig zusammenarbeiten – aber noch kein Team. Ein echtes Team muss man entwickeln, und das ist keine einmalige Aufgabe, sondern ein kontinuierlicher Prozess. Teams verändern sich ständig, sei es durch neue Mitglieder, veränderte Aufgaben oder einfach durch den Lauf der Zeit. Deshalb braucht es Pflege – regelmässige Gespräche, Momente der Reflexion und bewusstes Nachjustieren. Wer glaubt, dass es «von selbst läuft», merkt irgendwann, wie sich kleine Missverständnisse und unausgesprochene Erwartungen summieren. Darum ist auch Konfliktkompetenz so wichtig. Jedes Team braucht Räume, in denen Unterschiede besprochen werden können – nicht als Konfrontation, sondern als Dialog. Wenn man diese Räume bewusst schafft, können Spannungen früh geklärt und Unterschiede als Ressource genutzt werden. Teams, die diese Kompetenz entwickeln, werden nicht nur stabiler, sondern wachsen auch, weil sie lernen, verschiedene Sichtweisen miteinander zu verbinden.

Welche Rolle spielt psychologische Sicherheit? 
Psychologische Sicherheit ist für mich der wichtigste Nährboden von Zusammenarbeit. Ohne sie entsteht nichts Neues, weil die Menschen dann nicht das sagen, was sie wirklich denken, sondern nur das, was vermeintlich erwartet wird. Sicherheit bedeutet nicht, dass es keine Konflikte gibt, sondern dass man weiss: Ich kann etwas ansprechen, ohne dass es mir negativ ausgelegt wird. Ich darf Fragen stellen, Fehler machen, Ideen einbringen – auch wenn sie noch nicht perfekt sind. Erst dann entsteht Innovation. Wenn diese Sicherheit fehlt, bleiben Menschen vorsichtig, und Teams verharren im Mittelmass. Wenn sie da ist, entsteht Energie, Vertrauen und Mut. Ich habe schon erlebt, dass in einem Meeting über zehn Leute sassen, aber nur zwei sprachen. In der Kaffeepause sprudelten plötzlich all die Ideen heraus. Genau das passiert ohne Sicherheit: Die echten Gespräche wandern aus dem Raum raus, und dort, wo sie hingehören, passiert dann nichts. Und schlimmer noch: Wenn Menschen über längere Zeit das Gefühl haben, sie müssten sich zurückhalten, um keinen Fehler zu machen oder ihren Job nicht zu riskieren, dann macht das krank. Angst killt jede Motivation, jedes Engagement und letztlich auch die Freude an der Arbeit und dem Miteinander.

Können Teambuilding-Tage Teams nachhaltig stärken? 
Sie können – wenn sie nicht nur Erlebnisse generieren. Ein gemeinsamer Tag kann Türen öffnen, Nähe schaffen und Energie freisetzen. Man lernt einander anders kennen, man sieht auch die Seiten, die im Alltag oft verborgen bleiben. Das kann sehr verbindend sein. Aber es bleibt nur dann nachhaltig, wenn dieser Tag nicht isoliert ist. Spannend wird es erst, wenn die Themen, die an so einem Tag aufkommen, weitergeführt werden – in Meetings, in Gesprächen, in der täglichen Zusammenarbeit. Hilfreich sind einfache Formate wie ein Buddy-System, bei dem sich zwei Personen aus unterschiedlichen Projekten regelmässig austauschen, oder Job Shadowing, bei dem man einen Kollegen oder eine Kollegin einen Tag lang begleitet, um die Perspektive zu wechseln So wird das, was beim Teamevent angestossen wurde, vertieft – und aus einem schönen Erlebnis entsteht ein echter Lernund Entwicklungsprozess.

Unter welchen Voraussetzungen wird ein Teambuilding zum Erfolg? 
Wenn es authentisch ist. Wenn es echte Themen aufgreift, die im Alltag relevant sind, und wenn danach weiter daran gearbeitet wird. Menschen spüren sofort, ob etwas inszeniert ist oder wirklich mit ihnen zu tun hat. Dann wird es mehr als ein schöner Moment. Ganz entscheidend ist dabei auch der Einstieg, weil er die Stimmung für den ganzen Tag setzt. Ich habe erlebt, wie schon eine kleine Übung unglaublich viel bewegen kann: Bei einem «Speed- Complementing» – einer Art Speed-Dating mit ehrlichen Komplimenten, war der Raum nach wenigen Minuten voller Energie. Es wurde laut, lebendig, alle waren in Hochstimmung, und der Workshop hatte genau den Schwung, den es braucht. Aber ich kenne auch das Gegenteil: ein Warm-up, das keiner verstand, alle albern fanden und bei gefühlten 40 Grad kurzerhand boykottierten. Die Stimmung war sofort im Keller und blieb auch kühl.

Die drei wichtigsten Dos im Teambuilding?
Erstens: ehrlich und transparent bleiben – lieber ein kleines, echtes Thema anpacken, als grosse Alibi-Übungen machen, während alle heimlich denken: «Sehen wir den Elefanten im Raum wirklich nicht?» Zweitens: alle Stimmen hören – auch die leiseren, die sonst leicht untergehen. Und zwar so, dass es einladend wirkt und nicht wie ein Pflichtprogramm. Und drittens: eine echte Brücke in den Alltag schlagen. Sonst bleibt es ein einmaliges Erlebnis, und das wäre schade um die Zeit und Energie aller.

Und die drei Don’ts? 
Ein grosses Don’t für mich ist alles, was künstlich wirkt. Sobald die Leute merken, dass sie in eine Ego-Show hineingezogen werden, in der sich nur die Akteure verwirklichen, schalten sie innerlich ab. Ein zweites No-Go sind Formate, die Nähe erzwingen – Spiele mit viel Körperkontakt oder Übungen, die mehr Fremdscham als Verbindung erzeugen. Damit verfehlt man das Ziel komplett. Ein weiteres Don’t: den Rahmen vergessen. Wenn ein Teamtag bei über 30 Grad im stickigen Raum, ohne nennenswerte Pausen oder Abwechslung stattfindet und niemand auf die Stimmung achtet, ist das Scheitern schon vorprogrammiert…

ZUR PERSON
Susanne Vogt (56) ist Expertin in der Führungskräfteentwicklung. Viele Jahre war sie als CHRO unterwegs und hat Führungskräfte rund um den Globus begleitet, geschult und gecoacht – mit Fokus auf Teambuilding, Leadership und Kommunikation. Ihre Neugier auf das «Warum wir Menschen tun, was wir tun» führte sie zur Ausbildung als Wirtschaftspsychologin und zu Weiterbildungen in den Bereichen Kommunikation und Change-Management. Heute entwickelt sie bei der Emmi Gruppe Führungskräfte, arbeitet im Bereich Leadership bei Game Solution (Serious Gaming) mit, ist Key Note Speakerin und hat mit den «Stiljuwelen » einen eigenen Ansatz geschaffen, der Persönlichkeit und Führung auf neue Weise verbindet. Aktuell schreibt sie an einem Buch, das diese Erfahrungen und Erkenntnisse zusammenfasst. In ihrer Freizeit trifft man sie auf dem Padel-Court, beim Aqua-Joggen oder mit einem guten Sachbuch.

Dies ist eine gekürzte Fassung des Interviews. Lesen Sie das ganze Gespräch in der aktuellen Printausgabe.

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