Experten-Interviews

April 2020

Mehrfachbeschäftigung und Arbeitsrecht: «Alle unsere Mitarbeitenden sind zu den gleichen Bedingungen angestellt»

Teilzeitangestellte und mehrfachbeschäftigte Personen, die in niedrigen Pensen arbeiten, erreichen nicht immer das Pensionskassenobligatorium, was sich nachteilig auf die Sozialleistungen auswirken kann. Wir haben mit Sandra Nicolaïdis, HR-Leiterin bei der Compass Group (Schweiz) AG, über diese Problematik gesprochen. Welche Optionen das Gastronomieunternehmen seinen Mitarbeitenden bietet und warum Flexibilität heute sowie auch zukünftig eine wichtige Rolle spielt, erfahren Sie in diesem Experten-Interview.

Von: Dave Husi   Teilen  

Dave Husi

Dave Husi ist Chefredaktor von personalSCHWEIZ.
Zuvor hat er bei einem Medien-Startup Gründerluft geschnuppert und war bei einem Fachverlag im Medizinbereich journalistisch tätig.

Mehrfachbeschäftigung und Arbeitsrecht

Frau Nicolaïdis, seit gut zwei Jahren sind Sie bei der Compass Group Schweiz als HR Business Partner tätig und haben im Januar 2020 die HR Leitung übernommen. Wie gefällt Ihnen Ihre neue Aufgabe?
Es gefällt mir sehr gut, danke. Die neue Funktion ist herausfordernd, und genau das macht es für mich so interessant und abwechslungsreich. Ich wurde sehr positiv in meiner neuen Rolle aufgenommen, und dank einer perfekt organisierten Übergabe konnte ich mir bereits einen hervorragenden Gesamtüberblick verschaffen. So kann ich mich nun darauf konzentrieren, Prioritäten festzulegen und Massnahmen umzusetzen.

Worauf richten Sie momentan den Fokus bei Ihrer Arbeit?
Da gibt es natürlich ganz viele Themen. Besonders am Herzen liegt mir die menschliche Ebene. Der Kontakt und das Gespräch mit den Mitarbeitenden aus den verschiedenen Bereichen sind mir wichtig, um so auch den abteilungsübergreifenden Austausch auf HR-Ebene planen und verbessern zu können. Auf operativer Ebene liegt der Fokus momentan auf der Mitarbeiterumfrage, welche von Compass Group weltweit regelmässig durchgeführt wird. Sobald wir die Ergebnisse aller Arbeitsgruppen aus den verschiedenen Abteilungen und Betrieben in der Schweiz haben, werden wir die Erwartungen und Bedürfnisse analysieren und prüfen. Darauf basierend werden wir dann konkrete Massnahmen definieren und umsetzen. Ein weiteres bedeutendes Thema ist das Wohlbefinden bei der Arbeit. Dies ist einerseits wichtig für die Mitarbeitenden, aber auch für den Arbeitgeber – insbesondere für ein Unternehmen, das als «Friendly Workspace» ausgezeichnet wurde. Compass Group erhielt diese Auszeichnung als Erste in unserer Branche. Dies gibt mir natürlich auch die Möglichkeit, neue Konzepte zu entwickeln beziehungsweise die bestehenden zu überarbeiten und auch zu optimieren.

Welche HR-Projekte stehen in nächster Zeit bei der Compass Group Schweiz an?
Wir sind immer darum bemüht, unsere Prozesse zu optimieren. So überarbeiten wir aktuell unseren Prozess rund um Absenzengespräche wie auch unser Schulungskonzept. Ein weiteres Hauptaugenmerk werden wir auf die Kommunikation legen. Wir haben zum Beispiel damit begonnen, sogenannte «positive Sitzungen» abzuhalten, die auf die Anerkennung und Wertschätzung abzielen, um so die Mitarbeitenden zu würdigen und sie zu motivieren. Natürlich ist konstruktives Feedback enorm wichtig und nicht wegzudenken, genauso wichtig ist es aber auch, Lob auszusprechen, um so die Mitarbeitenden zu motivieren. Der daraus resultierende Effekt ist wirklich sehr positiv.

Zu Ihrem Kerngeschäft gehören die Personalgastronomie und das Event-Catering. Wie viele Ihrer Mitarbeitenden sind in einem Teilzeitpensum beschäftigt?
Rund 50% der Mitarbeitenden in den Betrieben arbeiten in einem Teilzeitpensum. Diese Zahl lässt sich unter anderem dadurch erklären, dass wir nebst Eurest im Bereich «Business & Industry» mit unserer Marke Scolarest auch im Schulbereich tätig sind. Da ein Grossteil der Mensen während den Schulferien geschlossen bleiben, wirkt sich dies dementsprechend auf die Verträge und Pensen aus.

Wie sieht das Beschäftigungsfeld bei der Compass Group aus?
Da wir in der Gastronomiebranche tätig sind, beschäftigen wir hauptsächlich Mitarbeitende im operativen Bereich, vom Betriebsmitarbeitenden in der Abwaschküche über das Küchen- und Servicepersonal bis hin zum Betriebsleiter. Im Januar 2020 liegt der Personalbestand der Compass Group (Schweiz) AG bei rund 1400 Mitarbeitenden. 52% unserer Mitarbeitenden sind weiblich und 48% männlich.

Wie viele Ihrer Mitarbeitenden arbeiten Teilzeit? Wie hoch ist der Anteil an Mehrfachbeschäftigten mit mindestens einem weiteren Arbeitgeber?
48,5% unserer Mitarbeitenden arbeiten Teilzeit. Hinsichtlich Mehrfachbeschäftigung führen wir zurzeit keine Statistik, da es sich nur um vereinzelte Ausnahmen handelt. Daher können wir aktuell keine genauen Aussagen hierzu machen. Unsere Mitarbeitenden sind verpflichtet, uns eine Nebenbeschäftigung zu melden. Nach eingehender Analyse wird die Bewilligung zusammen mit Hinweisen zu rechtlichen Punkten an die Mitarbeitenden retourniert.

Wie hoch ist der Anteil von Personen, die 40% oder weniger arbeiten?
Dies betrifft weniger als 8,5% unserer Beschäftigten, und in erster Linie sind dies Aushilfskräfte.

Gibt es für diese Aushilfskräfte spezielle Temporärarbeitsverträge? Welche Sozialleistungen erhalten diese Mitarbeitenden?
Unsere Aushilfskräfte haben meist Stundenlohnverträge und erhalten dieselben Sozialleistungen wie alle unsere Mitarbeitenden. Die entsprechenden Beiträge werden Ende des Monats, abhängig von den geleisteten Arbeitsstunden, prozentual abgezogen. Die Verträge unserer Aushilfskräfte sind vorwiegend unbefristet.

Stellen Sie bei den Mitarbeitenden ein wachsendes Bedürfnis nach Arbeitsflexibilität fest?
Flexibilität ist in der Gastronomiebranche unerlässlich. Dies zeigen insbesondere unsere befristeten Verträge. Unser Einsatzplan schwankt je nach Anforderungen unserer Kunden und Gäste. Ebenso ist er abhängig von gewissen Zeiträumen, beispielsweise von Ferienzeiten. Unsere Mitarbeitenden sind sehr flexibel und passen sich den Bedürfnissen unserer Branche an. Dies trägt wesentlich zu unserem Erfolg bei. Um Ihre Frage zu beantworten: Nein, wir haben in letzter Zeit keinen Anstieg der Nachfrage nach Arbeitsflexibilität feststellen können. Wir haben wenige Anfragen, die sich auf die geografische Flexibilität, das Arbeitspensum und auf die Aufgaben beziehen. Auch Sabbaticals sind ein Thema. Dies bleiben jedoch vereinzelte Situationen, mit denen wir uns von Fall zu Fall befassen. Wie bei einer normalen Anstellung geht es immer um die richtige Person zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort.

Mitarbeitende, die weniger als CHF 21 330.– pro Jahr verdienen, fallen nicht ins Pensionskassenobligatorium. Bieten Sie betroffenen Mitarbeitenden eine flexible «Speziallösung»?
Mitarbeitenden, die nicht ins Obligatorium fallen, somit weniger als CHF 21 330.– pro Jahr verdienen, würden wir die Möglichkeit von einer persönlichen Mitgliedschaft in unserer Pensionskasse bieten.

Was beinhaltet eine solche Mitgliedschaft?
Mitarbeitende mit einem Arbeitsvertrag, welcher drei Monate nicht überschreitet, können sich freiwillig versichern lassen, wenn ihr gesamtes, von mehreren Arbeitgebern erhaltenes, jährliches Einkommen CHF 21 330.– nicht überschreitet. In diesem Fall ist der Arbeitgeber beitragspflichtig, vorausgesetzt, er ist es auch hinsichtlich der AHV. Allerdings kann der Arbeitnehmer eine Beitragszahlung seitens des Arbeitgebers erst ab dem Moment fordern, wo er diesen über seinen Beitritt zur freiwilligen Versicherung in Kenntnis setzt. Die Zahlung des Arbeitgeberanteils beginnt erst nach dieser Bekanntmachung.

Welche Lösungen haben Sie für Mehrfachbeschäftigte im Bereich BVG?
Grösstenteils sind wir der Hauptarbeitgeber. In diesem Fall sind die Mitarbeitenden automatisch unserer Vorsorgekasse angeschlossen.

Und wenn Compass nicht der Hauptarbeitgeber ist?
Sobald das Gehalt AHV-pflichtig ist und die Mitarbeitenden über drei Monate angestellt sind, profitieren diese automatisch von unserer Vorsorgekasse.

Dies ist eine gekürzte Fassung des Interviews. Lesen Sie das ganze Gespräch in der aktuellen Printausgabe.

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