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Kolumne Februar 2019

Transparenz: Der Zaubertrank für eine neue Arbeitswelt?

Jeden Monat wirft in unserer Kolumne eine führende Persönlichkeit aus der HR-Welt einen Blick auf aktuelle Themen und Entwicklungen. Diesen Monat geht HSG-Professorin Antoinette Weibel der Frage nach, ob die hochgelobte Transparenz auch tatsächlich die Lösung für viele Probleme ist.

Von: Antoinette Weibel   Teilen  

Prof. Dr. Antoinette Weibel

Antoinette Weibel ist Professorin für Personalmanagement an der Universität St. Gallen.

Transparenz

Das HR schreibt: Diesen Monat mit Antoinette Weibel, Professorin für Personalmanagement an der HSG

Digitalisierung und Agilität – so wird behauptet – gehen nicht ohne Transparenz. Und: Transparenz sei wahr, richtig und führe zu Klarheit. Frei nach dem Motto «Alles transparent, alles gut»! Ist dem aber so?

Transparenz muss nicht an Wahrheit gekoppelt sein. Mit neuen Technologien können wir zwar Mitarbeiter- und Teamleistung messen und Erkenntnisse auch viel einfacher teilen, aber was wir da messen, wird selten die «wahre» Leistung abbilden. Gerade agile Teamzusammenarbeit, Ko-Kreation, setzt immer auch auf mysteriöse Teamsynergien, und was ein individuelles Manko für die eine Aufgabe sein kann, kann an anderer Stelle zentraler Auslöser für Erfolg sein.

Noch weniger ist Transparenz immer richtig, also effektiv. Studien zeigen, dass bei Denk- und Tüftelarbeit Sichtbarkeit und Ausgestelltheit hemmend wirken können. Hier sind geschützte Zonen der «Geheimniskrämerei» durchaus hilfreich, bevor das Neue die Welt erblickt. Selbst eine bewusste Klarheit, zu sehen, wer was weiss, führt nicht automatisch zu mehr Erkenntnis. Manches Problemlösungswissen bleibt implizit, an Erfahrung gebunden, und kann nur durch engen Austausch und enge Zusammenarbeit zur Klärung beitragen. Hier kann auch ein Sternchen- und Scoringsystem keine zusätzliche Klarheit schaffen; kann unter bestimmten Umständen sogar hinderlich sein.

Und trotzdem würde ich unterschreiben, dass Transparenz, verstanden als Offenheit und Austausch, einen festen Stellenwert in der neuen Arbeitswelt erhalten sollte. Transparenz ermöglicht Nachfragen und bringt Unklarheiten und Konflikte an die Oberfläche. Sie funktioniert als ständige Haltung und als wichtiges Redeinstrument. Aber diese Offenheit muss sich auch auf die Rolle und Funktion von Transparenz selbst erstrecken.

Wir müssen klären, welche Wahrheit Transparenz ausklammert, wie wir Privatsphäre und Transparenz ausbalancieren und wo Transparenz verschleiert statt verklärt. So verstanden, kann Transparenz vielleicht wirklich zum neuen Zauber­trank werden.

Diese Kolumne ist in der Februarausgabe 2019 von personalSCHWEIZ erschienen.

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