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Responsible Leadership: Ein Lösungsansatz für komplexe Probleme

Von heutigen Führungskräften wird verlangt, ihren Bereich profitabel zu führen und gleichzeitig Verantwortung für die Lösung globaler Fragen zu übernehmen. Wie dies mit dem «Responsible Leadership»-Ansatz auf Unternehmensebene, im Umgang mit sich selbst und anderen gelingt, zeigt dieser Beitrag.

Von: Martina Gartmann   Teilen  

Martina Gartmann

Martina Gartmann ist an der Kalaidos Fachhochschule am Institut für Leadership für die Beratung von Führungs- und Personalentwicklungsmassnahmen sowie massgeschneiderte Trainings und Seminare zuständig.

Responsible Leadership

Verantwortungsvolle Führung heute mehr gefragt denn je

Geheime Deals bei Firmenübernahmen und private Reisen auf Firmenkosten zum einen, Umweltkrisen, Hunger und Menschenrechtsverletzungen bei Produktionen zum anderen: Der Ruf nach verantwortungsvollen Führungskräften, welche über die wirtschaftlichen Ziele hinaus einen Beitrag zur Lösung komplexer globaler Probleme leisten, ist heute lauter denn je. Die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen und interner Richtlinien ist dabei aber nur ein erster Schritt – der Ansatz der Stunde lautet «Responsible Leadership». Hierbei geht es nicht nur um die Frage des Risiko- und Reputationsmanagements,1 sondern auch um einen bedeutungsvollen Wettbewerbsfaktor: Börsennotierte Unternehmen, die einerseits ein hohes Innovationsniveau und andererseits ein hohes Mass an nachhaltigem und vertrauensvollem Verhalten zeigen, konnten höhere Betriebsergebnisse als ihre Konkurrenz erzielen und die Rendite für ihre Aktionär*innen übertreffen.2 Trotzdem wird verantwortungsvolles Handeln häufig als konträr zu wirtschaftlichen Zielen gesehen – wie gelingt in diesem Spannungsfeld erfolgreiche Führung?

DEFINITION RESPONSIBLE LEADERSHIP
Das Führungshandeln zeigt sich durch das Bewusstmachen von Konsequenzen für eigenes Handeln und den Einbezug aller Stakeholder in Handlungen und Entscheidungen, um den Dialog zu fördern und die unterschiedlichen Interessen abzuwägen und miteinander zu vereinen,3 mit der Absicht, soziale oder ökologische Ziele zu erreichen.4

Verantwortungsvolle Führung im organisationalen Kontext

Eine amerikanische Studie zeigt, dass über die Hälfte der Verbraucher*innen eher Produkte und Dienstleistungen von Unternehmen kaufen würden, die soziale und umweltfreundliche Praktiken unterstützen.5 Dennoch gibt es vergleichsweise wenige Unternehmen, die solche Praktiken anwenden, nachhaltige Technologien einsetzen oder über eine Corporate-Social- Responsibility-Strategie (CSR) verfügen. Was können verantwortungsvolle Führungskräfte in diesen Organisationen trotzdem unternehmen, um einen Beitrag für Gesellschaft und Umwelt zu leisten? Die Vision und Werte weiterzudenken, den Einfluss auf Umwelt und Gesellschaft zu hinterfragen und als Vorbild voranzugehen – hier hat jede Führungsperson Handlungsspielraum. Die eigenen Jahresziele in Bezug auf den langfristigen Unternehmenserfolg zu hinterfragen und selbst Massnahmen zu planen, welche das Unternehmen im Kontext von Gesellschaft und Umwelt weiterbringen, sind weitere wichtige Schritte. Mögliche Ideen und Erfolge von Abteilungen, die im Hinblick auf globale Fragestellungen relevant sind, mit datengestützten Analysen zu präsentieren, kann nicht nur den Stein für eine neue Gesamtausrichtung des Unternehmens ins Rollen bringen, sondern, aufgegriffen von anderen Unternehmen, zu einer globalen Bewegung anwachsen.

Verantwortungsvoll im Umgang mit anderen

Komplexe Probleme können per se nicht alleine gelöst werden – umso wichtiger ist die Zusammenarbeit mit anderen. Führungskräfte, welche mit Offenheit agieren, den Willen zeigen, andere Meinungen zuzulassen und die Freude am Experimentieren wecken, sind in der Lage, motivierte Teams zu schaffen und nachhaltige Stakeholder- Beziehungen aufzubauen. Indem sie den Austausch initiieren, gut moderieren und moderne Technologien einsetzen, fördern sie das gegenseitige Verständnis und erleichtern Beteiligungs- und Entscheidungsprozesse. In der Praxis gibt es viele Beispiele für erfolgreiche Kooperationen, die zu einer guten Reputation des Unternehmens geführt haben: etwa die Zusammenarbeit mit Umweltorganisationen, bei dem ein Teil des Unternehmensgewinns für Umweltaktivitäten eingesetzt wird. Durch die Zusammenarbeit mit externen Stakeholdern und die Einbindung von Mitarbeitenden in Entscheidungen, ist ein erster Schritt getan, um die zwingend notwendige Transparenz zu schaffen. Wenn Führungskräfte zudem kontinuierliches Lernen ermöglichen und dem gegenseitigen Wissensaustausch über Unternehmens-, Bereichs- und Abteilungsgrenzen hinweg Raum geben, können auch in Unternehmen mit klassischen Organisationsstrukturen Leistungen gesteigert und neue Ideen zur Lösung globaler Fragen gefunden werden. Rechtzeitiges Erkennen von überlasteten Mitarbeitenden, Unterstützung bieten, um Belastungen und Ressourcen in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen, Feedback und Chancen geben – damit können Unternehmen einen wichtigen Beitrag zur Gesundheit der Mitarbeitenden und der Gesellschaft leisten und zudem Kosten sparen. Arbeitsausfälle aufgrund arbeitsbedingten Stresses kosten die Schweizer Wirtschaft nämlich rund CHF 6,5 Mrd. pro Jahr.6

Verantwortungsvoller Umgang mit sich selbst

Wer verantwortungsvoll führen will, kommt nicht daran vorbei, für sich selbst Verantwortung zu übernehmen. Insbesondere bei hohen Erwartungen an die effiziente Erledigung von Aufgaben, bei Druck von Share- und Stakeholdern innerhalb und ausserhalb des Unternehmens ist eine (verantwortungsvolle) Führungskraft zusätzlich gefordert. Um gelassen zu bleiben und darüber hinaus das Bestehende kritisch zu hinterfragen und die Konsequenzen des eigenen Handelns zu bedenken, ist es zentral, die eigene Resilienz zu fördern. Sich gelegentlich Zeit zu nehmen, um in sich hineinzuhorchen, die eigenen Gefühle und Bedürfnisse und vielleicht auch die eigenen Antreiber zu erkennen, ist förderlich, um als Führungskraft langfristig Wirkung zu erzielen. Auch hier ist eine kontinuierliche Weiterbildung und -entwicklung unabdingbar, um als verantwortungsvolle Führungskraft zu agieren.

Fazit: Neue Führung erfordert neue (Führungs-)Kompetenzen

Zusammenfassend kann dem Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und Verantwortungsübernahme über gesetzliche Vorgaben hinaus begegnet und zur Lösung komplexer Probleme beigetragen werden, indem:

  • auf Organisationsebene Bestehendes hinterfragt und weiterentwickelt wird, Erfolge mit Daten belegt und wirkungsvoll präsentiert werden,
  • im Umgang mit anderen gemeinsam mit externen Stakeholdern und Mitarbeitenden nach innovativen Lösungen gesucht und Raum für kontinuierliches Lernen geboten wird
  • und im Umgang mit sich selbst Zeit für Selbstreflexion und Weiterentwicklung genommen wird, um Ressourcen und Belastungen in Balance zu halten. Obwohl «Responsible Leadership» als Führungsansatz noch nicht ausreichend erforscht ist, wird deutlich, dass neue Kompetenzen gefragt sind. Nach jahrelanger Fokussierung auf Umsatzzahlen tun verantwortungsvolle Führungspersonen gut daran, effektive Kommunikations- und Kooperationsmethoden, Datenanalyse, Planungs- und Zielfindungskompetenzen sowie Massnahmen zur Verbesserung des betrieblichen Gesundheitsmanagements einschliesslich der eigenen Resilienz und Selbstwirksamkeit praxisorientiert und wissenschaftlich fundiert zu erlernen.

 

Quellen
1 Diermeier, D. (2006): Leading in a World of Competing Values: A Strategic Perspective on Corporate Social Responsibility, in: Maak, Th./Pless, N. M. (Eds.): Responsible Leadership, London/New York: Routledge, 155–169.
2 The Forum of Young Global Leaders, The Global Shapers Community and Accenture (2020). Seeking new leadership: Responsible leadership for a sustainable and equitable world. The Forum of Young Global Leaders, The Global Shapers Community and Accenture. https:// www.accenture.com/content/dam/accenture/final/a-com-migration/ manual/r3/pdf/pdf-115/Accenture-DAVOS-Responsible-Leadership- Report.pdf
3 Voegtlin, C. 2011. Verantwortungsvolle Führung im Kontext der Globalisierung: Konzeptionalisierung und Operationalisierung eines erweiterten Führungsverständnisses. Berlin: Patzer Verlag
4 Maak, T., & Pless, N. M. (2006). Responsible leadership in a stakeholder society – a relational perspective. Journal of business ethics, 66(1), 99–115.
5 Cone Communications. (2017). CSR Study: 2017. Cone Communications Boston. www.concecomm.com. www.cbd.int/doc/ case-studies/inc/cs-inc-cone-communications-en.pdf
6 Ulshöfer, C. und Jensen, R. (2022). Job-Stress-Index 2022: Monitoring von Kennzahlen zum Stress bei Erwerbstätigen in der Schweiz. Gesundheitsförderung Schweiz, Bern: Faktenblatt 72.

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