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Lerner-Mentalität als Gewinn für Mitarbeitende und Unternehmen: Employability und New Learning im Kontext Weiterbildung

Seit der Pandemie hat sich die Nachfrage nach Weiterbildungen im Bereich Coaching und Psychologie nochmals verstärkt. Darin manifestiert sich nicht zuletzt eine ausgeprägte New-Learning-Haltung der Studierenden. Weshalb es sich lohnt, in die Entwicklung von Selbst- und personalen Kompetenzen zu investieren — auch aus Sicht der Organisationen —, zeigt dieser Beitrag.

Von: Monika Rohrer   Teilen  

Monika Rohrer

Monika Rohrer ist Leiterin des Instituts für HR an der Kalaidos Fachhochschule mit den Schwerpunktthemen HR, Personal- und Organisationsentwicklung, Coaching, Beratung sowie Personal- und Führungspsychologie.

Lerner-Mentalität als Gewinn für Mitarbeitende und Unternehmen

Psychologische Erklärungsmodelle sind gefragt
Trend oder nicht sei dahingestellt: Aktuell beobachtet man im Bereich Weiterbildung eine verstärkte Nachfrage nach überfachlichen Themen wie Coaching oder Psychologie. Die Beweggründe sind nicht zuletzt in den Nachwirkungen der COVID-19-Pandemie zu finden. So suchen viele nach Erklärungsmodellen und Ansätzen, welche den Umgang mit den diversen Auswirkungen wie Erschöpfung, Depressionen, Burn-out, aber auch Hilflosigkeit angesichts globaler Krisen erleichtern können.

Es ist unbestritten, dass uns die Komplexität des Alltags zunehmend überfordert – gerade auch im beruflichen Kontext. Tatsächlich können hierbei Erkenntnisse aus der Psychologie Unterstützung bei der Bewältigung bieten. So steht bei den gefragten Weiterbildungen oft die Entwicklung von Selbstkompetenzen wie Resilienz, Empathie und Reflexionsfähigkeit im Vordergrund. Dank solcher Erklärungsansätze kann ein Zugang zu den eigenen Ressourcen gefunden und das Verhalten von Kolleg*innen besser eingeordnet werden.

Nachhaltige Lernerfolge dank Coaching-Weiterbildungen
Während psychologisches Wissen eher das theoretische Verständnis unserer Motive und unseres Verhaltens erhöht, setzen Coaching-Techniken direkt bei der Praxis an. Coaching ist in der Regel immer mit «Üben» verbunden: Die Auseinandersetzung mit der eigenen Haltung und der Person, die sich einem anvertraut, führt zu einem unmittelbaren Erleben. Die Erkenntnisse sind entsprechend tief und nachhaltig, weil das Lernen mit Emotionen verbunden wird und zudem das Feedback direkt erfolgt: An der Reaktion des Gegenübers ist relativ rasch erkennbar, inwieweit die Intervention zielführend war, was wiederum die wahrgenommene Selbstwirksamkeit erhöht. Der Praxisnutzen beschränkt sich dabei nicht auf das rein berufliche Umfeld, sondern erstreckt sich im Grunde auf sämtliche Lebensbereiche. Entsprechend werden solche Weiterbildungen als sehr sinnhaft empfunden. Kenntnisse über Psychologie und Coaching-Methoden erleichtern es nachweislich, mit Mitmenschen in Beziehung treten zu können. Was auf den ersten Blick vielleicht banal erscheint, erweist sich letztlich als eine effektive Strategie für den Umgang mit Komplexität. Diese Herangehensweise ist zudem bestechend, weil sie im eigenen individuellen Einflussbereich liegt, während das gute Zusammenwirken von Prozessen und Strukturen einer Vielzahl unberechenbarer Einflussfaktoren unterliegt.

Investition in eigene Employability
Die gezielte Entwicklung der Selbst- und personalen Kompetenzen ist jedoch nicht nur aus Gründen der Persönlichkeitsentwicklung sinnvoll. Diese Kompetenzen sind auch aus organisationaler Sicht essenziell, denn sie bilden gerade für Funktionen in den Bereichen Führung, HR, Innovation und Entwicklung sowie Beratung und Kundenmanagement die Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Denn (noch!) sind dies genau jene Kompetenzen, welche durch KI nicht abgedeckt werden können. Wenn Mitarbeitende also ihre Weiterbildung auf die Entwicklung ihrer «Soft Skills» ausrichten, investieren sie direkt in ihre Employability. So können sie sich flexibel in einem dynamischen Arbeitsmarkt bewegen – auch branchenübergreifend.

New-Learning-Haltung
Was im Kontext Weiterbildung auffällt: Studierende, die sich explizit für Lehrgänge im Bereich Coaching und Beratung entscheiden, betonen ihre intrinsische Motivation, die sie dabei antreibt. So fallen Sätze wie: «Ich will das. Ich mache das für mich – egal, ob mich mein Arbeitgeber unterstützt oder nicht.» In solchen Aussagen sowie im Bedürfnis nach selbstbestimmtem und sinnhaftem Lernen verbunden mit hoher Selbstwirksamkeit (wie oben dargelegt) spiegelt sich eine Lernhaltung, die klar dem Ansatz von New Learning zugeordnet werden kann (siehe Definition unten).

New Learning: Lernkultur ermöglichen
Die Krux: Nicht selten fehlt tatsächlich die zeitliche oder finanzielle Unterstützung seitens der Unternehmen für solche Weiterbildungen. Der direkte und langfristige Nutzen für die Firma wird nicht oder zu wenig erkannt, da die spezifisch fachliche Komponente vordergründig fehlt. Wenn aber davon ausgegangen werden kann, dass Selbst- und personale Kompetenzen noch an Bedeutung gewinnen werden, ist es aus organisationaler Sicht unerlässlich, die Mitarbeitenden bei deren Entwicklung zu unterstützen.

Im Kontext New Learning würde dies bedeuten, dass eine Arbeitskultur geschaffen wird, in der selbstgesteuertes Lernen nicht nur möglich ist, sondern auch gefördert und belohnt wird. Nachfolgend einige Anregungen, wie dies gelingen kann:

  • Explizite Wertschätzung von Lernen und Wissensteilung sowie eine «Lerner»-Haltung seitens der Vorgesetzten
  • Klare Entwicklungs- und Potenzialorientierung (anstelle der Defizitorientierung und Fokussierung auf eine kleine Gruppe an «Talents»)
  • Feedback und Coaching anbieten, um neue Fähigkeiten zu entwickeln: Dies kann dazu beitragen, dass die Mitarbeitenden engagiert bleiben und sich in der Organisation eine Wachstumsmentalität herausbildet.
  • Hierarchie-, bereichs- und funktionsübergreifende Teams und Austausch ermöglichen, sodass Mitarbeitende ein breiteres Spektrum an Fähigkeiten entwickeln, neue Erfahrungen sammeln und dadurch ein besseres Verständnis für das Unternehmen als Ganzes erlangen können
  • Und nicht zuletzt: weiterhin klassischüber Zeitguthaben und finanzielle Beteiligungen an überfachlichen Weiterbildungen 

Fazit
Selbst- und personale Kompetenzen sind wichtig für die psychische Gesundheit, das Wohlbefinden und die persönliche Entwicklung. Indem man an diesen Fähigkeiten arbeitet und sie weiterentwickelt, kann man besser mit Stress und Herausforderungen umgehen, Beziehungen aufbauen und pflegen und ist effektiver in der Zusammenarbeit mit anderen. Wird die Entwicklung von Selbst- und personalen Kompetenzen unterstützt, profitieren Unternehmen gleich zweifach: einerseits aufgrund der sozial kompetenten und psychisch gesunden Mitarbeitenden, auf welche man angewiesen ist, und andererseits aus Gründen der Arbeitgeberattraktivität. So kann eine New-Learning-Mentalität zu einer kooperativ geprägten und sozial nachhaltigen Unternehmenskultur beitragen. Davon profitieren wir über Organisationsgrenzen hinweg auch als Gesamtgesellschaft.

DEFINITION NEW LEARNING
New Learning basiert auf Frithjof Bergmanns New-Work-Konzept und hat die Selbst- und Potenzialentfaltung des Individuums zum Ziel. New Learning bezeichnet Lernen, das von den Lernenden als sinnhaft erlebt wird und die Teilhabe an der Gemeinschaft ermöglicht. Die Lernprozesse sind geprägt von Selbstbestimmung, Autonomie und dem Streben nach Wirksamkeit (nach Graf & Schmitz, 2020).

Quellen und weiterführende Literatur

  • Graf, N. & Schmitz, A. P. (2020). Agiles Lernen, New Learning, Lernen 4.0. Personalmagazin, 01/20, S. 77–80.
  • Knapp, N. (2013). Kompass neues Denken. Wie wir uns in einer unübersichtlichen Welt orientieren können. Rowohlt.
  • Rump, J. & Eilers, S. (2022). Wie wir morgen lernen wollen. Nachhaltige Employability für kommende Generationen. OrganisationsEntwicklung. Zeitschrift für Unternehmensentwicklung und Change Management, 4/22, S. 13–20.

Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Mai 2023 von personalSCHWEIZ erschienen.

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