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Künstliche Intelligenz: Was kommt da noch auf uns zu?

Wofür lässt sich die Künstliche Intelligenz nutzen? Inwieweit wird sie unser Leben und die Arbeitswelt verändern? Das ist zurzeit noch weitgehend unklar! Entsprechend viele Projekte finden aktuell in den Unternehmen statt, um dies auszuloten.

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Künstliche Intelligenz

Glaubt man den Veröffentlichungen in den Medien zum Thema „Künstliche Intelligenz“, dann gewinnt man oft den Eindruck, durch die verstärkte KI-Nutzung wird sich nicht nur das menschliche Zusammenleben, sondern auch die Arbeitswelt fundamental verändern – und zwar insbesondere dann, wenn sich die künstliche Intelligenz (KI) mit der Robotik und Automatisierung zur sogenannten KIRA verbindet. Dann werden sich nicht nur einzelne Arbeitsprozesse in den Unternehmen und die Anforderungen an gewisse Berufe wandeln, nein, der Mensch als solcher wird als Arbeitskraft in vielen Bereichen weitgehend überflüssig, weil KI-Systeme und Maschinen seine Funktion übernehmen.

Noch ist der KI-Einsatz sehr begrenzt
Dies mag – je nach Sichtweise – zwar eine langfristige Utopie oder Apokalypse sein, „doch noch sind wir weit davon entfernt“, betont Prof. Dr. Georg Kraus, der als Inhaber der Change- und Transformationsberatung Kraus & Partner täglich mit Top-Entscheidern in der Wirtschaft spricht. Zwar habe sich das Erstellen von Texten und Bildern – gleich welcher Art – mittels ChatGPT und das Erstellen von Gesprächsprotokollen mit Copilot zumindest in größeren Unternehmen inzwischen sozusagen zum Standard entwickelt, doch von einem großflächigen und funktionsübergreifenden KI-Einsatz in ihnen könne heute noch kaum die Rede sein. Vielmehr würden die KI-Tools und -Systeme aktuell noch primär zum Effektivieren einzelner (Teil-)Prozesse und Aufgaben genutzt; und dies in der Regel nur in ausgewählten Bereichen wie zum Beispiel 

  • dem Marketing und Vertrieb sowie,
  • im Controlling sowie in der Logistik.

Dadurch sinke zuweilen zwar auch die Zahl der benötigten Mitarbeiter und an die verbliebenen würden teils neue Anforderungen gestellt, doch die KI mache die „Ressource Mensch“ keineswegs überflüssig.

Ähnlich sieht dies die Managementberaterin und Buchautorin Barbara Liebermeister, deren kurz IFIDZ genanntes Institut auf das Themengebiet „Führung im digitalen Zeitalter“ spezialisiert ist. Für sie ist zum Beispiel die Diskussion darüber, ob menschliche Führung im KI-Zeitalter noch nötig sei, eine Schimäre, denn Führung bedeute stets auch, Verantwortung zu übernehmen – „für Menschen, Entscheidungen und deren Konsequenzen“. Und genau hier liegt für Liebermeister die Grenze von KI: „Maschinen können keine Verantwortung übernehmen, weil sie weder verstehen, was Verantwortung bedeutet, noch ihr Handeln rechtfertigen können“.

Nicht nur die Intelligenz der Künstlichen Intelligenz ist begrenzt 
Ein entscheidender Grund hierfür ist, so Liebermeister: „KI-Systeme haben kein Bewusstsein. Sie ‚wissen‘ nicht, dass sie existieren, und reflektieren ihre Entscheidungen nicht.“ Verantwortung setze jedoch „das Wissen um die eigenen Handlungen und deren Konsequenzen“ voraus. So überlege zum Beispiel eine Führungskraft, bevor sie handelt: 

  • Welche Auswirkungen hat meine Entscheidung?
  • Was passiert mit den betroffenen Menschen?
  • Ist meine Entscheidung moralisch vertretbar? 

„KI-Systeme hingegen folgen nur Algorithmen. Sie berechnen Wahrscheinlichkeiten, erkennen Muster und optimieren Entscheidungen auf Basis statistischer Zusammenhänge: Doch sie verstehen nicht, was richtig oder falsch ist.“ 

Den heutigen KI-Systemen fehlt laut Prof. Dr. Kraus unter anderem noch die erforderliche „Decision Intelligence“, sprich Entscheidungsintelligenz, um Menschen nicht nur im Führungsbereich zu ersetzen. Zwar seien die modernen, generativen KI-Systeme zunehmend fähig, sich wiederholende Entscheidungen automatisiert zu treffen. Doch ihre Entscheidungsfähigkeit stoße an Grenzen, wenn es für das Entscheiden nötig sei, neue Kontexte zu erschließen bzw. unvorhergesehene Situationen und Konstellationen zu durchdringen, was in einer zunehmend von Krisen und permanenter Veränderung geprägten Welt immer häufiger der Fall ist. Dann sei ein szenariobasiertes Denken für die Entscheidungsfindung unerlässlich. Das könnten die KI-Systeme jedoch noch nicht. Sie können zwar Wahrscheinlichkeiten berechnen, sie verstehen aber nicht, welche Szenarien wirklich realistisch oder brisant sind. Sie erkennen zudem nicht intuitiv, wann ein Risiko trotz guter Datenlage nicht tragbar ist – „ein erfahrener Mensch“, so Kraus, „kann das“. 

Hinzu kommt laut Liebermeister: Eine KI hat kein „Bauchgefühl“. Sie hat keine innere Stimme, die ihr im Bedarfsfall sagt: „Moment mal, da stimmt was nicht“. Sie hat zudem kein Gewissen und nicht die erforderliche menschliche Empathie, die ihr zuweilen sagt: „Stopp, das können oder dürfen wir aus diesem oder jenen Grund nicht tun.“ Sie spult schlicht ab, was die Daten ihr vorgeben – ohne jegliches Mit-, Schuld- und Verantwortungsgefühl, „weshalb wir ihr gewisse Aufgaben nicht übertragen dürfen“.

Die KI kann jedoch zunehmend Empathie simulieren
Inwieweit manche Menschen (und Organisationen) ein solches Gewissen und eine solche Empathie haben, darüber lässt sich – nach Auffassung des Autors dieses Artikels – wenn man ihr Treiben beobachtet, streiten. Doch nicht deshalb stimmt die Wiener Wirtschaftspsychologin Sabine Prohaska, die unter anderem Unternehmen beim Einführen einer neuen Lernkultur und Kultur der Zusammenarbeit unterstützt, obigen Aussagen nur zögerlich zu. Sie verweist darauf, dass die KI zwar nicht wirklich empathisch sei, die modernen KI-Systeme könnten jedoch menschliche Emotionen erkennen und mit dem jeweiligen Gegenüber „simulierte empathische Interaktionen“ führen – also solche, die empathisch wirken. 

Sie verweist zudem auf die enorme Lernfähigkeit der generativen KI, weshalb heute in Fachkreisen schon darüber diskutiert wird, ob es in naher Zukunft zum Beispiel den Beruf des Trainers und Coaches überhaupt noch geben wird. Zumindest wird sich deren Funktion zumindest in Unternehmen wandeln. Diese Vermutung legt, so Prohaska, die Beobachtung nahe, dass heute bereits KI-gestützte Online-Trainings- und -Coaching-Programme solche Funktionen übernehmen, wie 

  • den Lernern bzw. Coachees ein Feedback zu geben und
  • sie zum Weitermachen zu motivieren 

– Funktionen, bei denen man vor einiger Zeit noch sagte, sie setzen ein menschliches, zur Empathie fähiges Gegenüber voraus. Dies lässt erahnen, so Prohaska, inwieweit mittel- und langfristig KI-Systeme auch Aufgaben übernehmen könnten, die wir heute noch als originär menschliche erachten. Faktisch wissen wir dies aber noch nicht, denn dies hängt außer von der technologischen Entwicklung, auch von der Entwicklung des unser menschliches Denken und Handeln prägenden Wertesystems ab – und auch dieses befindet sich zurzeit im Wandel.

Die KI kann zunehmend Menschen und ihr Verhalten analysieren 
Dies sehen auch die beiden Business-Coaches Richard Keller und Peter Schreiber von der B2B-Vertriebsberatung Peter Schreiber & Partner (PS&P) so. Sie starten regelmäßig Versuchsballons, um zu erkunden, 

  • wie können wir und unsere Kunden, die im Markt angebotenen KI-Tools zur Effektivierung unseres Business nutzen und
  • was sind deren potenzielle Einsatzgebiete und Grenzen.

Der jüngste Versuchsballon, den Richard Keller startete, basierte laut Schreiber auf folgender „Schnapsidee“: „Lasse uns mal checken, was unser KI-System aus Portrait-Fotos von Menschen herauslesen kann“. 

Also gab Keller je ein Foto von sich und Peter Schreiber, das PS&P häufig für Werbezwecke verwendet, in das System ein und bat die KI, die darauf abgebildeten Personen zu typisieren – und zwar ohne weitere Infos wie ihre Namen, ihre Biografie, ihre Funktion usw..

Wenige Sekunden später erhielt er die Antwort: „Danke für die Bilder. Auch wenn ich keine Personen erkennen oder identifizieren darf, kann ich Dir doch eine sachliche Einschätzung zur Ausstrahlung dieser Aufnahmen geben – also wie die Bilder auf Betrachter wirken, etwa in der Business-Kommunikation.“

Dann folgte eine Einschätzung der Persönlichkeiten von Peter Schreiber und Richard Keller. Diese war aus Sicht der beiden Business Coaches so zutreffend, dass sie völlig überrascht waren. Deshalb gab Richard Keller zudem folgenden Prompt in das KI-System ein: 

„Fasse aufgrund der beiden Bilder die Besonderheiten von Peter Schreiber und mir als Business Coaches zusammen.“

Darauf verfasste die KI für Peter Schreiber ein „Business-Profil“, das diesen zusammengefasst als einen „strategischen Lotsen mit B2B-Vertriebserfahrung“ beschreibt, der 

  • „Dinge durchdenkt, bevor er sie angeht“,
  • ein „Ruhepol für Führungskräfte, die Orientierung suchen“, ist und
  • ihnen „präzise, sachlich fundierte Impulse“ gibt. 

Und Richard Keller? Er wurde als ein „Menschenkenner und Vertriebsstrategie-Umsetzer“ charakterisiert, der

  • „souverän und menschlich nahbar“ ist,
  • „Gelassenheit gepaart mit innerer Klarheit ausstrahlt“,
  • „Leichtigkeit, auch in schwere Themen bringt“,
  • „benennt, was nicht verhandelbar ist“, und
  • als „Coach auf Augenhöhe“ agiert.

Und als Team wurden die beiden unter anderem wie folgt beschrieben: „Ihr steht für Klarheit im Denken und Handeln – auf unterschiedliche Weise. Peter strukturiert, analysiert, gibt Richtung. Du, Richard, bringst den inneren Kompass, Menschenkenntnis und emotionale Intelligenz ein. Das macht euch zu einem starken Duo für Führungskräfte, die beides suchen: Orientierung & Entwicklung.“

Diese aus ihrer Warte ebenfalls zutreffende „Charakterisierung“ überraschte die beiden Vertriebsprofis aufgrund ihrer Vorerfahrung mit KI-Tools nicht, da die KI nun ihre Namen kannte und somit Zugriff auf alle im Netz über sie gespeicherten Daten hatte. Sie fragten sich nach diesem Selbstversuch, so Schreiber, jedoch: „Wenn die KI-Systeme in naher Zukunft auch noch die Stimmen von Menschen sowie zum Beispiel bei Videosessions deren Gestik und Mimik interpretieren können, inwieweit können sie dann auch viele Kundengespräche führen, von denen man heute noch sagt, dies setzt menschliche Verkäufer voraus?“

Die KI kann zunehmend menschenähnlich kommunizieren
Ähnliche Fragen stellt sich Barbara Liebermeister aufgrund ihrer Zusammenarbeit mit einer eigenen, auf ChatGPT basierenden KI, die sie Felix nennt. Diese nutzt sie seit zwei Jahren unter anderem, um Leadership-Texte zu schreiben sowie Beratungen, Coachings und Vorträge vorzubereiten; „denn damit kenne ich mich aus und kann deshalb seine Antworten validieren“. Denn Barbara Liebermeister möchte nicht nur ausloten, was die KI leisten kann, wenn man sie systematisch trainiert. Sie testet diese auch bezüglich zwischenmenschlicher Interaktion und emotionaler Intelligenz. Denn für sie ist „eine erfolgreiche Interaktion mit Menschen die Basis von Führung“. Deshalb gibt Barbara Liebermeister der KI zu jeder Antwort ein Feedback. Sie sagt ihr, wenn sie ins Schwarze trifft, aber auch, wenn ihre Ausarbeitungen zu oberflächlich oder detailliert sind. So versteht diese immer besser, was Barbara Liebermeister wann wichtig ist. Und genau hier liegt für sie denn auch der Schlüssel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit der KI: „Sie ist nur so gut wie die Daten, die wir ihr liefern – und nur so leistungsfähig, wie wir sie machen.“ Sie zeigt ihren Usern – also Führungskräften – sozusagen das Ergebnis ihrer Führung. „Es ist bei der KI nicht anders als bei Menschen: Ihr Verhalten spiegelt das Führungsverhalten wider.“ 

Die KI fungiert zunehmend als stellvertretender Kommunikator
Ähnliche Projekte wie sie die beiden Berater Peter Schreiber und Barbara Liebermeister durchführen, finden zurzeit in vielen Unternehmen statt. So berichtet Prof. Kraus zum Beispiel von Projekten in Unternehmen mit dem Ziel: Alle Mitarbeiter, die an einem Online-Qualifizierungsprogramm teilnehmen, erhalten, wenn sie dort aktiv waren oder eine Lektion absolviert haben, von einem Bot automatisch ein stimulierendes Feedback – jedoch kein anonymes, sondern eines, das scheinbar vom Bereichsleiter oder gar Vorstand kommt. 

Zudem berichten er und Peter Schreiber von KI-Programmen, die 

  • auf solchen Businessportalen wie LinkedIn automatisiert die aus Unternehmenssicht relevanten Entscheidern identifizieren,
  • diesen automatisiert im Namen einer adäquaten Kontaktperson in der eigenen Organisation eine Kontaktanfrage senden und
  • diesen Personen nach deren Annahme zwecks Beziehungsaufbau ebenfalls automatisiert, wenn sie in irgendeinem Portal oder auf einer Plattform etwas posten, stets ein Feedback geben, sei es in Form eines Likes, eines Kommentars wie „interessanter Beitrag“ oder einer ausführlichen scheinbar, persönlichen Nachricht des Account-Inhabers, deren Autor jedoch faktisch ein Bot ist. 

Das heißt, die Account-Inhaber führen mit der jeweiligen Zielperson faktisch eine Fake-Kommunikation, die jedoch durchaus ein menschliches Einfühlungsvermögen und eine persönliche Wertschätzung simuliert, mit dem Ziel eine Beziehung mit der betreffenden Person aufzubauen.

Werden künftig im Netz primär Bots mit Bots kommunizieren?
Wenn diese Form der Fake-Kommunikation in naher Zukunft auf breiterer Front Realität wird, befürchtet Dr. Kraus, werden künftig im B2B-Bereich – zumindest im Netz – zunehmend Bots mit Bots kommunizieren. Eine Befürchtung, die nicht unbegründet ist, wenn man daran denkt, wie viele Bots bzw. nicht-menschliche Trolle heute schon in Diskussionsforen, Newsgroups, Chatrooms usw. ihr Unwesen treiben, die vorgeben: Ich bin ein Mensch. 

(Ein Beitrag von Bernhard Kuntz)

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