Praxisfälle

Weiterbildungsvereinbarung: Rückzahlungsmodalitäten und Verbleib im Unternehmen regeln

Weiterbildungen, die vom Arbeitgeber nicht angeordnet werden, müssen nicht bezahlt werden. Wenn sie durch Übernahme der Weiterbildungskosten oder Zurverfügungstellung von bezahlter Arbeitszeit teilweise finanziert werden, drängt sich eine schriftliche Vereinbarung auf, um auch allfällige Rückzahlungsmodalitäten zu regeln.

Von: Stefan Rieder   Teilen  

Dr. Stefan Rieder, LL.M.

Dr. Stefan Rieder, LL.M., Fachanwalt SAV Arbeitsrecht arbeitet als Rechtsanwalt und Notar bei der Kanzlei Schwager Mätzler Schneider in den Bereichen Arbeits-, Sozialversicherungs-, Vertrags- und Gesellschaftsrecht.

Weiterbildungsvereinbarung

Weiterbildungen füllen oder ergänzen nicht nur den persönlichen Rucksack des sich weiterbildenden Mitarbeitenden, sondern können auch für das Unternehmen als Arbeitgeber wertvoll sein, z.B. um mit dem technologischen oder digitalen Wandel Schritt zu halten. Das teilweise oder vollständige Bezahlen einer Weiterbildung kann einen wichtigen Faktor für eine grosse Arbeitgeberattraktivität darstellen. Zeitgleich kann ein solches Investment in den Mitarbeitenden ein Unternehmen stark belasten, sei es in finanzieller Hinsicht durch hohe Weiterbildungskosten oder weil keine Kapazität besteht, um den Mitarbeitenden für die Weiterbildung freizustellen, und eine erforderliche Reduktion des Arbeitspensums wiederum nachteilig für die Arbeitgeberattraktivität ist. Kommt es zu einem Investment in die Weiterbildung des Mitarbeitenden, besteht ein legitimes Interesse, sich vertraglich abzusichern, damit der Mitarbeitende auch im Unternehmen verbleibt und bei einem Weggang die Kosten teilweise zurückbezahlen muss.

Weiterbildungsvereinbarung

Durch eine Weiterbildungsvereinbarung verpflichtet sich das Unternehmen, dem Mitarbeitenden die Weiterbildungskosten ohne einen gesetzlichen Zwang teilweise oder vollständig zu bezahlen und/oder dem Mitarbeitenden bezahlte Arbeitszeit für die Weiterbildung zur Verfügung zu stellen. Wichtig ist, den genauen Umfang der Leistungen des Unternehmens zu definieren. Dazu muss festgehalten werden, welche Kosten (Kurskosten, Ausbildungsmaterialkosten, Reisespesen, Verpflegungsspesen, Anmeldegebühren, Prüfungskosten etc.) übernommen werden und in welchem prozentualen oder betragsmässigen Umfang. Sofern die Weiterbildung teilweise oder ganz an Arbeitstagen stattfindet, ist weiter zu regeln, ob hierfür das Pensum temporär reduziert wird, ob Ferientage bezogen oder Überstunden kompensiert werden oder ob für die Weiterbildung bezahlte Arbeitszeit zur Verfügung gestellt wird. Falls Letztes zutrifft, sollte geregelt werden, wie viel Zeit als Arbeitszeit angerechnet wird und vorgesehen werden, dass maximal die tägliche Sollarbeitszeit angerechnet wird, damit keine Überstunden durch die Weiterbildung entstehen.

Rückzahlungspflicht

Durch eine (Mit-)Finanzierung einer Weiterbildung können schnell hohe Kosten für das Unternehmen anfallen, weshalb das Unternehmen ein legitimes Interesse hat, den Mitarbeitenden möglichst lange an sich zu binden. Eine bessere Anbindung an das Unternehmen kann erfolgen, indem zum Beispiel vereinbart wird, dass eine längere Kündigungsfrist besteht. So ist es zum Beispiel ohne Weiteres zulässig, im Rahmen einer schriftlichen Weiterbildungsvereinbarung die ursprüngliche Kündigungsfrist von beispielsweise drei Monaten auf sechs oder zwölf Monate zu verlängern. Aber Achtung, es gilt eine Kündigungsparität, d.h., eine solche lange Kündigungsfrist gilt dann immer auch bei Arbeitgeberkündigungen. Nicht möglich ist, eine Kündigung während einer bestimmten Zeit zu verbieten (ausser, wenn bei einer Neuanstellung mit Weiterbildungsfinanzierung von Beginn an ein unkündbarer befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen werden würde). Ein übliches Mittel zur Bindung des Mitarbeitenden ist eine Rückzahlungspflicht. Durch die Rückzahlungspflicht wird der Mitarbeitende verpflichtet, die Weiterbildungskosten in einem bestimmten Umfang zurückzubezahlen, wenn er innert einer bestimmten Frist seit Abschluss der Weiterbildung kündigt.

Eine Rückzahlungspflicht ist rechtlich zulässig, sofern sie nicht die Kündigungsfreiheit des Mitarbeitenden einseitig einschränkt. Der Mitarbeitende darf also nicht ewig oder übermässig an das Unternehmen gebunden werden. Die Rückzahlungspflicht muss deshalb angemessen zeitlich beschränkt werden (oftmals drei Jahre, wobei es hier auf die Höhe der Kosten ankommen kann), und die Rückzahlung muss, wenn der Mitarbeitende sich dann eben doch entscheidet, das Unternehmen zu verlassen, degressiv ausgestaltet werden, sodass der Mitarbeitende eben nur den Anteil zurückbezahlen muss, der bis zum Ablauf der Bindungsfrist noch offen ist. Wichtig ist, dass in der Rückzahlungspflicht klar definiert wird, was alles zurückbezahlt werden muss. Wenn neben der finanziellen Beteiligung an den Ausbildungskosten auch bezahlte Arbeitszeit zur Verfügung gestellt worden ist, dann muss diese nur zurückbezahlt werden, wenn das in der Rückzahlungspflicht so ausdrücklich vorgesehen worden ist. Zudem empfiehlt es sich, zu regeln, dass die Rückzahlung auf das der Kündigung folgende Monatsende fällig wird, damit die Rückzahlung der Weiterbildungskosten mit dem Lohn während der Kündigungsfrist teilweise (dem Mitarbeitenden ist immer das Existenzminimum auszubezahlen) verrechnet werden kann. Ebenfalls zu regeln ist eine vollumfängliche Rückzahlung der gesamten Kosten, wenn das Arbeitsverhältnis nicht nach Abschluss der Weiterbildung während der Bindungsfrist, sondern noch vorher während der Weiterbildung gekündigt wird oder die Weiterbildung abgebrochen wird.

Achtung: Wegfall der Rückzahlungspflicht

In der Gerichtspraxis wird die Bestimmung von Art. 340c OR zum Wegfall des nachvertraglichen Konkurrenzverbots analog angewendet. Danach fällt eine Rückzahlungspflicht weg, wenn das Unternehmen dem Mitarbeitenden kündigt, ohne dass der Mitarbeitende dem Unternehmen einen begründeten Anlass gegeben hat. Bei Kündigungen aus wirtschaftlichen Gründen oder Umstrukturierungen fällt die Rückzahlungspflicht also dahin. Der Mitarbeitende ist von der Rückzahlungspflicht aber auch befreit, wenn er kündigt, weil das Unternehmen ihm einen begründeten Anlass gegeben hat (z.B. schlechtes Betriebsklima, nicht gelöste Arbeitsplatzkonflikte, nicht eingehaltene Beförderungsoder Lohnerhöhungsversprechen etc.). Hier empfiehlt es sich, in der Weiterbildungsvereinbarung eine transparente Regelung vorzusehen und allenfalls auch zu regeln, was bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge Tod oder Invalidität gilt (sofern hier eine spezielle Kostenregelung vorgesehen werden soll).

Übernahme einer Rückzahlungspflicht

Bei einer Neuanstellung eines Mitarbeitenden, der gegenüber dem früheren Arbeitgeber eine Rückzahlungspflicht aus einer Weiterbildungsvereinbarung hat, kann vereinbart werden, dass diese Rückzahlung ganz oder teilweise übernommen wird. Bei einer solchen Kostenübernahme aus einer früheren Weiterbildungsverpflichtung empfiehlt es sich, die Fälligkeit dieser Kostenübernahme erst auf einen zukünftigen Zeitpunkt vorzusehen (z.B. mit dem Ende der Probezeit oder nach sechs oder zwölf Monaten in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis).

Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Oktober 2022 von personalSCHWEIZ erschienen.

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